An dieser Stelle ist wohl eine Entschuldigung an jenen Seemann aus Mortal Kombat X angebracht, der sich mit letzter Kraft aus den Wellen gerettet hat, auf die Kai-Mauer geklettert ist und dann von PC Games Hardware als Wurfwaffe missbraucht wurde. Es war nicht geplant, dass Scorpion ihn mit einem Tritt in die Luft kickt, einen Flammenball hinterherschickt, ihn lebendig grillt, mit der Kette an sich heranzieht und mit seinen Dolchen in zwei Teile schneidet. Doch seien Sie sich sicher, der Pirat wurde gerächt. D'Vorah ist schließlich nicht nur ein Mensch, sondern auch zu 50 Prozent Insekt und lässt sogleich einen Schwarm Bienen auf den Kapuzenmann in gelber Kampfmontur los. Sobald er abgelenkt ist, verwandelt sie ihre Gliedmaßen in messerscharfe Spinnenbeine, die sich schneller bewegen, als Scorpion reagieren kann, und fügt ihm schmerzhafte Schnittwunden zu, die gut sichtbar sind und den gesamten Kampf über bestehen bleiben. Doch es führen auch viele andere Wege nach Rom und zum Duell-Sieg, schließlich führt der Herr der Schmerzen, Chefdesigner Ed Boon, mit Mortal Kombat X grundverschiedene Kampfstile für ein und denselben Charakter ein.
Wie hätten Sie es gerne: flambiert oder tranchiert?
Jeder Charakter lässt sich jetzt auf drei Arten spezialisieren, die das Aussehen und die Waffen stark beeinflussen. Ninjitsu Scorpion nimmt zwei Katanas mit in den Kampf und verfügt über ein erweitertes Nahkampf-Portfolio. Hellfire Scorpion trägt eine brennende Maske und grillt Gegenspieler mit einem Feuerball oder steckt sich selbst in Flammen, um D'Vorah bei jedem Kontakt eine Verbrennung zuzufügen. Je nachdem, wo das passiert, färbt sich dann schon mal das Spinnenbein schwarz. D'Vorah (hier wurde nicht richtig aufgepasst die meinen bestimmt Cassie Cage, grüßle P.) selbst ist übrigens die Tochter von Sixpack-Sunnyboy Johnny Cage und Doppel-D-Special Agent Sonya Blade, zwei wohlbekannte Gesichter der Serie.
Während Sie bei Scorpion zwischen Tranchieren und Flambieren wählen, stehen bei D'Vorah verschiedene Stammbäume zur Verfügung. Als Mutter der Brut lässt sie jede Menge kleine Spinnen auf den Gegner zu krabbeln, die ihm Schaden zufügen, wenn er sie zu nah an sich heranlässt. Als Schwarmkönigin wiederum kontrolliert sie besagten Wespenschwarm oder kann ein ganzes Bienennest auf Scorpion schleudern, die zwar nicht besonders viel Schaden machen, aber für Ablenkung sorgen. "Character Variation" ist zwar ein großes Marketing-Buzzword für eine derart simples Feature, doch beim Anspielen sorgen die unterschiedlichen Fähigkeiten für ein signifikant geändertes Gameplay. Sie können sowohl Scorpion als auch D'Vorah sehr aggressiv spielen und immer direkt das Duell suchen oder mit Sekundärwaffen Verwirrung stiften und auf die Gunst der Sekunde warten oder eben auf Schadensboni wie Brandverletzungen setzen.
Extreme Pixelschärfe, dynamische Umgebungen und der brennende Stier
Mit knackscharfen Texturen, butterweichen Animationen und sehr hohem Detailgrad bei allen Figuren holt sich Mortal Kombat X spielend die Krone für den schönsten Kampftitel, allerdings ist die Konkurrenz mit Ultra Street Fighter IV technisch gesehen auch mehr Opfer als Gegner. Und dabei schöpfen die NetherRealm Studios noch nicht mal aus dem Vollen. Statt auf die neue Unreal Engine 4 zu setzen, hat sich Ed Boons Team für den zehnten Teil noch mal auf eine modifizierte Version der Unreal Engine 3 verlassen. Die sorgte bei allen Testmatches für stabile 60 Bilder pro Sekunde bei 1080p, auch bei brennenden Nashornwesen und fliegenden Omas. Boons Team erlaubt sich mal wieder einige derbe Scherze, so gibt es eine Wüsten-Karte, deren Arena an Tatooine aus Star Wars erinnert. In der schlummert ein ziemlich großer Stier. Haben Sie sich für Hellfire Scorpion entschieden, lässt sich das Tier mit einer Kombo entzünden, spießt D'Vorah auf und rammt sie gegen eine Mauer, bevor es verendet.
Wer das grenzwertig findet, wird aber vermutlich sowieso nicht zur Zielgruppe von Mortal Kombat X zählen, denn Ed Boon trägt nicht zu Unrecht den Titel des Herrn der Schmerzen. Bei den X-Ray-Moves reicht ein Tritt gegen den Kiefer, um ihn brutal visualisiert brechen zu lassen, doch damit geht die Brutalo-Arie erst los. Im Flug malträtieren Sie den Ninjitsu mit Ihren Sichel-ähnlichen Beinen, lassen ihn vor sich niedersacken und entsenden eine Horde Treiber-Ameisen, die seinen Körper umhüllen, die Haut von seinen Wangen nagen und ihn so zu Grunde gehen lassen. Sein Schädelknochen fällt von seinem Körper, D'Vorah zertritt ihn in tausend Teile. Wir hatten ja versprochen, den Seemann zu rächen.
Fazit: Mortal Kombat X
Den Titel für das technisch opulenteste Kampfspiel 2015 wird sich Mortal Kombat X wohl sichern, aktuell ist keine Konkurrenz in Sicht. Jeder einzelne Kämpfer ist sehr liebevoll designt, noch mehr Wert legt das Team aber auf akkurate Schnittwunden. Wer den Angriff eines Katanas mit seinen Armen blockt, sieht auch dort hinterher eine tiefe blutende Schnittwunde. Sind Charaktere schwer gepanzert, blutet in erster Linie der Teil ihres Körpers, wo keine Rüstung Wunden verdeckt. Ansonsten ist Mortal Kombat X aber mehr als nur ein Gewalt-Porno, auch wenn Ed Boons Team Knochenbrüche und Finisher sehr viel extremer auskostet als andere Entwickler.
Für die strategische Komponente sorgt vor allem das sehr variantenreiche Roster mit seinen vielen Spezialisierungen. Cassie Cage lässt sich als Nahkampf-Amazone oder Spec-Ops-Soldatin spielen, die nach einer gewissen Cooldown-Zeit jeweils Raketenangriffe auf ein sehr ungleiches Paar namens Ferra/Torr niedergehen lässt. Ferra ist eine kleinwüchsige Frau, die auf dem Kopf eines drei Meter hohen Monsters sitzt. Die beiden kämpfen aber nicht wirklich zusammen, vielmehr steuern Sie bei der Spezialisierung "Pain & Gain" beispielsweise das Monster durch Stiche in den Hals. Je öfter Sie stechen, desto mehr Wut baut Torr auf und desto aggressiver greift er an, verliert aber eben auch mehr Lebensenergie pro Einschnitt.
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Somit wäre die Frage nach Wunden und kauputten outfit, geklärt.